family affairs

Sonntag, 17. Mai 2015

generation enkel

unendlich müde sind wir nach hause gekommen. das zweite begräbnis heuer, bei dem mir von unendlich vielen leuten, die mich nicht kennen, konduliert wurde. am land ist das alles so anders als in wien.
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nein, ich sei nicht die tochter, erklärte ich mehreren leuten, nachdem sie mich neben dem halbbruder, den wir gerade erst kennengelernt haben, sitzen gesehen hatten. es war mein opa, nicht mein richtiger, aber für uns schon immer der richtige, und für meine großmutter, die ihm vor fünf jahren vorausgegangen ist, ganz sicher auch.
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er hat sich immer so gefreut, wenn wir ihn besucht haben, in den letzten jahren eher einzeln, damit wir nicht nur geballt zu weihnachten erscheinen, die mutter, die schwester und ich. das hätte er nicht gedacht, sagte er manchmal, dass wir auch "nur" seinetwegen kommen würden.
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warum wir denn den n.n. nicht eingeladen hätten, fragte jemand. wer das sei? na, das sei doch auch ein halbbruder gewesen. wie hätten wir ihn einladen sollen, wenn wir gar nichts von ihm wussten?
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einen tag vor seinem tod hab ich mit ihm telefoniert. ich käme im juni, kündigte ich an, er freue sich, antwortete er.
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der obmann vom turnverein, der obmann vom kriegsopferverband und der obmann der liedertafel haben geredet. ersterer wurde vor jahren auch als potentieller f-chef von oberösterreich gehandelt. aber er war auch der nachbar mit einer so anderen frau. der pater hat manches wort relativiert, dafür haben wir uns später bedankt.
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dabei hat mein opa viel gutes getan. nach dem krieg. ob es stimmt, dass er für seine erste frau ins gefängnis gegangen ist, wissen wir nicht sicher. dass er meine oma fast bis zum letzten altzheimerstadium liebevollst betreut hat, wissen wir schon. seine leibliche tochter hat uns über den notar ausrichten lassen, dass sie mit dem begräbnis nichts zu tun haben will.
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nach der zehrung mussten wir sein zimmer im altersheim ausräumen. den stahlhelm könne sie als deko brauchen, meinte schwester natascha. wir wollten ihn nicht.
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Sonntag, 12. April 2015

ich bin jetzt aufgeklärt ...

fragt mich der x in der badewanne:
mama, wie heißt das lulu bei den mädchen?
ich: vagina
x: aha, das ist wie penis.
ich: ja, das sind die korrekten ausdrücke.

kurze nachdenkpause.

x: mama, weißt du, penis ist gut für die menschen.
ich: irgendwie schon.

x: weißt du, was die mädchen glauben?
ich: nein, was glauben sie denn?
x: die glauben, penis ist ein medikament!

und er lacht ...
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Sonntag, 1. Februar 2015

Lieber Xaver! (5)

Heute bist Du 5 Jahre alt, worauf Du schon sehr stolz bist. Das wird auch eine Weile leichter zu zu sagen sein als 4 ¾, womit Du in letzter Zeit alle Fragen nach Deinem Alter beantwortet hast. „Weißt Du“, hast Du mir unlängst erklärt,“ ich kann schon in die Höhe springen, mich umdrehen und hinunterfahren, also kann ich Schifahren!“ Ein bisschen stimmt das ja auch, zumindest kannst Du Dein Gewicht jetzt richtig verlagern und traust Dich weit mehr als letzten Winter.

Morgenmensch wird wohl auch dieses Jahr keiner aus Dir werden, im Gegenteil, beim Finden von immer neuen Möglichkeiten, das Schlafengehen noch ein bisschen mehr hinauszuzögern, bist Du unübertroffen. Ich hab noch von keinem anderen Kind gehört, das darum gebeten hätte, sich ein zweites Mal die Zähne putzen zu dürfen, das erste Mal sei einfach nicht gründlich genug gewesen.

Überhaupt sollte ich viel mehr mitschreiben, was Du so von Dir gibst, einmal überrascht Du uns beim Frühstück mit der wörtlichen Ansage, dass Du einen sehr starken Turnbefehl verspürst, ein anderes Mal wirst Du mit „ich will mein Lieblingsdings nicht jeden Tag, das ist langweilig!“, philosophisch und dass Du genau mit sechs dann so einen Anzug zum Radfahren brauchst wie der Papa ist auch vollkommen logisch.

Normalerweise bewegst Du Dich schnell und gern – am Rad, am Scooter, bisweilen auch noch am Dreirad, aber es ist auch schon vorgekommen, dass wir von zu Hause bis zur eher nahegelegenen S-Bahn-Station geschlagene 25 Minuten gebraucht haben, weil Du so schrecklich müde warst. Seither habe ich ein Kindergartenbringverbot von Dir. Dein Vater kann das besser, obwohl Du ihm da auch schon gekündigt hast.

Du hast es wahrscheinlich noch nicht so recht verstanden, was da im letzten Jahr passiert ist, aber dass es Dir gut geht, obwohl Deine Eltern kein Paar mehr sind, dazu wollen wir beide, soviel wir können, beitragen. Und ich glaube auch, dass es nicht das erste Weihnachten ohne Papa, sondern eher die generelle Anspannung und die überzogenen familiären Erwartungen waren, die Dich kurz vor der Bescherung ein bisschen mühsam gemacht haben.

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Seit heuer bist Du viersprachig, neben Tschechisch, Englisch und Deutsch sprichst Du jetzt auch Steirisch und findest letzteres ganz besonders lustig.

Das Thema Sterben hat Dich im letzten Jahr auch ganz schön beschäftigt, mehrfach hast Du mir schon mitgeteilt, dass Du Deinen Uropa Leo besuchen möchstes, weil der mit 100 sterben wird. 8 Jahre haben wir also noch Zeit. Leider wohnt er recht weit weg, und ich bin schon froh, wenn ich selbst es mehr als einmal im Jahr hin schaffe.

Zu Deiner Kindergeburtstagsfeier bist Du heuer mit Lego überhäuft worden und es ist mir eine richtige Freude, Dir zuzusehen, wie geschickt Du mit den kleinen Steinen hantierst.

Meine Freundin M. steht bei Dir genauso hoch im Kurs wie bei Deinem Bruder im selben Alter, und nicht nur sie muss Dich bei jedem Besuch mit einem ganz persönlichen Kasperltheater erfreuen. Irgendwann hältst Du es dann auf Deinem Zuschauersitz nicht mehr aus, wirfst uns immer neue Akteure hinter die Bühne und spielst am Ende auf jeden Fall auch selbst mit.

Zum Activity-Spielen bist Du ja eigentlich noch zu klein, aber wenn Dir wer die Begriffe vorliest, findest Du es extrem lustig, Dinge darzustellen oder zu zeichnen. Erklären ist am schwierigsten, ganz besonders ohne das gesuchte Wort zu erwähnen.

Heuer hab ich es auch endlich geschafft, Dir die immer wieder gewünschte Erdbeertorte zum Geburtstag zu backen, natürlich nicht ohne Deine tatkräftige Mithilfe und nicht ohne, dass Du in Deinem heißgeliebten „auch in echt“ verwendbaren Kinderkochgeschirr einen kleinen Guglhupf dazu bekommst. Lass es Dir schmecken!
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Freitag, 31. Januar 2014

Lieber Xaver (4),

morgen wirst du vier Jahre alt und bist damit Deiner Meinung nach praktisch erwachsen. "Wenn ich vier bin, schlafe ich alleine", hast Du uns zum Beispiel verkündet, wir sind ein wenig skeptisch, ob Du das tatsächlich einhalten wirst. Du bist überzeugt, dass Du ein paar andere Dinge genau ab morgen können wirst, leider ist mir entfallen welche.

Allerdings hast Du Dir im letzten Jahr erstaunlich viel beigebracht, Du erkennst auch alle entlegenen Buchstaben, die nicht in Deinem Namen vorkommen, Du kannst in vier Sprachen bis zwanzig und in zwei bis hundert zählen, ein bisschen addieren geht auch schon, und dreistellige Zahlen lesen, findest Du ebenfalls höchst interessant. Dauernd willst Du irgendwelche Vokabel auf Englisch wissen, die zwar im Alltag oder Deinen Bilderbüchern vorkommen, die aber leider von uns noch nie gewusst oder schon längst vergessen sind. Ob Du die koreanisch sprechenden Busse in den Youtube-Videos auch verstehst, kann ich nicht beurteilen, mittlerweile steht aber Supermario sowieso höher im Kurs.

Dein Vater schleppt Dich dreimal in der Woche ins Schwimmbad - zur Verzweiflung aller Bademeister, die es irgendwann aufgegeben haben, den Zwerg, der da ohne Flügerl oder sonstige Schwimmhilfen vom Ein-Meter-Brett ins tiefe Wasser springt, retten zu wollen.
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Endlich hat es jetzt zu schneien begonnen, Du warst letzte Woche ganz sicher das einzige Kind, das im Ahrenbergpark auf Schiern gezogen wurde. Und dass Du im Herbst - nach souveräner Laufradbeherrschung im Sommer - in einer Viertelstunde Radfahren ohne Stützen heraus gehabt hast, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber.

Dein großer Bruder ist letztes Jahr ausgezogen, wenn Du jetzt bei ihm übernachten darfst, ist das nicht nur wegen des mit ihm ausgezogenen Fernsehers etwas ganz Besonderes. Seine zwei Katzen sind Deine Freunde, erklärst Du uns, während Du Deinen Eltern und vor allem auch Deiner eigentlich besten Freundin die Freundschaft im letzten Jahr des öfteren ganz unbegründet gekündigt hast. Empfindlich dürfen wir da alle nicht sein, auch der Opa kriegt nicht immer das erwartete Bussi, Du setzt Deine Zuneigungsbekundungen mittlerweile sehr gekonnt ein. Und ob ein "Du bist gar nicht schirch, Mama!" ein Kompliment ist, habe ich noch nicht entschieden.

Hingerissen waren dagegen alle Anwesenden, als Du ihnen auf die Wünsche-Ans-Christkind-Frage erklärtest, Du bräuchtest nichts, Du hättest ja eh schon so viel. Apropos Vorweihnachtszeit: Nie hätte ich Dir zugetraut, mir dreieinhalb Stunden beim Teig Rühren, Kugerl Formen, Kekserl Ausstechen ... zu helfen. Vom Kuchenmachen (und Essen) kannst Du nicht genug bekommen, vom Eiertrennen, Abwiegen , Zusammenrühren bis zum Teignaschen bist Du da auch sehr gelehrig.

Bei manchen Spielen habe ich keine Chance mehr gegen Dich, vor allem dann, wenn es aufs visuelle Gedächtnis ankommt. Am "Verlieren-Lernen" müssen wir vielleicht noch ein wenig arbeiten, und beim Versteckenspielen bin ich zwar deutlich größer, es fallen mir aber mehr Varianten ein, während ich Dich immer im großen Kasten neben dem Staubsauger finde.

Deinen alten, zerschlissenen Kinderwagen haben wir nun endlich entsorgt, im Rucksack lässt Du Dich aber immer noch gern tragen. Alternativ dazu kann man Dich in den Einkaufstrolley setzen, darunter liegenden Badesachen macht das eigentlich nichts.

Ins Bett bist Du immer schwerer zu bringen, vor halb zehn ist es sinnlos, es überhaupt zu probieren. Nach dem Zähneputzen überfällt Dich täglich schrecklichster Hunger, der sich nur manchmal auch durch einen Schluck Wasser stillen lässt. Und beim allerallerletzten Bilderbuch kämpfe ich dann oft mehr mit dem Schlaf als Du.

Unlängst musste ich Dir erklären, dass man mit 19 nicht "alle totmachen" darf, darauf meintest Du, genau, das dürfe nur die Polizei. Bei der Auswahl der von Dir geliebten Videos müssen wir nächstes Jahr unbedingt sorgfältiger werden!
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Donnerstag, 25. Juli 2013

kindermund und kinderlogik

"Freund, komm her!", brüllt der L. zum X. Der wiederum redet alle weiblichen Wesen unter 10 mit "Mãdlein" an.

"Spielen wir Fußball?", fragt der L. den X. "Wir und ich?", fragt der retour.

"Wann bin ich wieder ein Baby?", fragt der X. Nie mehr, muss ich ihm erklãren. "Du bist gemein!"

"Roboter und Gespenster sind nicht dasselbe!"

tbc

bei der hitze fãllt mir grad nix gscheiteres ein. und außer, dass es blöd ist, sich die liege, die man grad in den schatten gezogen hat, auf die eigenen zehen fallen zu lassen, hab ich heut bisher keine neuen erkenntnisse gewonnen.
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Donnerstag, 31. Januar 2013

Lieber Xaver(3),

du bist schon ein Großer, wie du uns täglich mehrmals versicherst. Groß genug, um keine Windeln mehr zu brauchen, groß genug, um in den Kindergarten zu gehen, groß genug auch schon, um ohne deine Eltern auswärts zu übernachten.

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So schnell ist das letzte Jahr vergangen, zur deiner praktisch vollständigen Beherrschung des Deutschen ist auch schon ein bisschen Tschechisch hinzugekommen. Sätze wie „das schmeckt mir grausam“ und dein übermäßiger Gebrauch von „leider, leider“ deuten auf keimenden Sprachwitz hin. Und dass du uns einreden willst, „gelbový“ und „grünový“ seien tschechische Wörter, auch.

Dir bei Deinen Bewegungen zuzusehen, ist eine Freude, so sicher bist du bei jedem Schritt – und sei er noch so schnell - geworden. Magst du bei deinem Laufrad auch noch nicht einmal richtig mit den Füßen bis zum Boden kommen, geschweige denn damit umdrehen können, gerade Strecken bewältigst du schon in hohem Tempo.

Während die anderen sich noch fragten, was sie da sollen oder sich gar von Mama und Papa noch ein wenig trösten oder gut zureden ließen, bist du auch mit deinen Schiern einfach sofort losgefahren – sodass wir dich ganz ungeplant bereits eine Woche im Schikindergarten lassen konnten. Und kaum war in Wien genug Schnee, hat dich dein Papa nur mehr angeschnallt und durch die Gegend gezogen.

Praktischerweise gibt es auch im Winter fast jeden Tag in irgendeinem Hallenbad einen Warmwassertag, sodass du dich genauso nach Herzenslust im Wasser austoben kannst. Ungeahnte Möglichkeiten bietet da allerdings auch unsere übergroße Badewanne, mich hat beim Anblick des vielen Sandes darin letzte Woche fast der Schlag getroffen. Es war aber eh nur ganz feiner von den brüderlich gehaltenen Echsen, und dein Vater hat sämtliche Spuren Eurer Schlammschlacht beseitigt.

Jeden Tag erhielten wir dieselbe Antwort, wenn wir nach deinen Erlebnissen im Kindergarten fragen: Du hast mit dem Zug gespielt. So hast du also in diesem Jahr den öffentlichen Verkehr so richtig und in allen Facetten entdeckt: Man kann mit dir stunden- und rundenlang „Schlemmbahn“, U-Bahn, Straßenbahn fahren. Oder sämtliche Schienennetze, die wir daheim in Holz oder Plastik haben, aus- und umbauen und natürlich intensiv befahren. Oder Videos mit kleinen und großen Lokomotiven oder Autobussen ansehen, und die gefallen dir offensichtlich sogar auf Chinesisch.

Es gibt aber auch jede Menge andere Sachen, die du äußerst gern tust. Fast allabendlich kratze ich die Knetmassenreste zusammen, auf dass man sie doch noch ein wenig weiterverwenden kann. Deine Puzzles machst du großteils selber fertig, die muss ich nur mehr unter den Teppich schieben. Hell erfreut bist du, wenn das Kasperltheater aufgestellt ist und du dich in ernsthafte Dialoge mit den Figuren verstricken kannst. Deine Lieblingstiere (seit Weihnachten ein übergroßer Löwe) müssen mit am Esstisch sitzen und dich auch sonst überallhin begleiten. Und einmal in der Woche ist Theres-tag, da beschäftigst du dich ausschließlich mit deiner allergrößten Freundin und ihrem Telefon.

Oft bringst du uns auch unbeabsichtigt zum Lachen. Wenn du zum Beispiel mitten in einem kleinen Trotzanfall, dessen Ursache wir nicht so recht begreifen wollen, „ich bin brav!“ oder gar, „ich bin ein Engilein!“ brüllst. Wenn du für deinen Vater zur ultimativen Drohung, du seist nicht mehr sein Freund, auch noch ein „und du darfst nicht mehr mit mir in den Kindergarten gehen!“ hinzufügst.

Es ist schön, dass du dir deiner so sicher bist. Dass du so gar nicht wehleidig bist. Dass du immer fröhlich bist. Ganz besonders, wenn du eigentlich schon seit über einer Stunde schlafen solltest;-)
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Dienstag, 31. Januar 2012

Lieber Xaver (2),

morgen wirst du zwei Jahre alt – und mir kommt vor, du hast erst vorgestern deinen allerersten Schrei getan. Mittlerweile kannst du dich natürlich viel besser ausdrücken, du bildest oft schon Vier-Wort-Sätze (Papa-mach-das-auf , Ich-bin –nicht-müde, …) und wir haben gelernt, auch die von dir erfundenen Worte zu verstehen. „Pleitai“ heißt zum Beispiel Spielplatz, oder „Latti“ das Fläschchen. Einzig „Blauli“ konnten wir nie so recht einordnen, aber das sagst du schon länger nicht mehr.

„Deloin“ wiederum kann nur Papas Telefon sein, meins ist nämlich tabu. Während du dir auf dem väterlichen die kleinen Filme mit Dir als Hauptdarsteller in unendlich gern und oft ansiehst. Es ist auch ganz erstaunlich, welche sonstigen Features du auf jedem Handy entdeckst, lauter Dinge, von denen wir gar nicht wussten, dass es sie gibt.

Überhaupt ist die Welt rundherum im letzten Jahr äußerst interessant geworden – du lässt dich durchaus gern im Wagen spazieren führen, weil es da ja so unendlich viel zu sehen gibt. Wenn man sich in Deiner Gegenwart unterhält, wiederholst du alle Phrasen, die Dir gefallen. Wenn man sich neben Dir die Zehe anstößt, sagst du als erster das böse Wort mit Sch vorne ganz laut.

Ich kann mich noch genau an den Nachmittag erinnern, als du gehen gelernt hast. Dein großer Bruder hat dich aufgerichtet, vorsichtig ausgelassen und du bist in meine Richtung gestürmt. Bis auf vier, fünf Schritte hintereinander hast du es da schon gebracht. Um danach nicht etwa in meine rettenden Arme zu stürzen, sondern sofort in Richtung oranges Kissen zu krabbeln, dort den Kopf kurz abzustützen, wieder zum A. zurückzukrabbeln und das ganze 47mal von vorne zu beginnen. Am nächsten Tag war die Fünf-Schritt-Grenze überwunden und der Polster wieder ganz uninteressant.

Praktischerweise bist du durchs viele Laufen dann größer und dünner geworden, so dass dir fast alle Vorjahressachen – deutlich anders ausgefüllt – noch gepasst haben.

Mittlerweile kletterst du überall hinauf, wo du sollst und wo du nicht sollst, schaffst es, dir aus umgedrehten Küchenschüsseln Leitern zu bauen, sperrst mit besonderer Leidenschaft das eigentlich aus gegenteiligen Gründen gekaufte kleine Kästchen, in dem wir die Computer verstecken, auf und bringst ausgerechnet die Eingangstür schon ganz souverän alleine auf.

Deine Mimik hat sich erweitert, mindestens um dein Schnoferlgesicht und um ein unglaublich verschmitztes Lächeln, wenn wir einen deiner kryptischeren Sätze nicht verstehen oder du den Papa in Hinblick auf Schokolade-, Schlecker- oder Kaugummi(!)spenden wie so oft wieder einmal erweichen konntest.

Im Ablehnen bist du auch schon sehr geübt, es kann passieren, dass dir ein „Neinneinnein“ samt energischem Kopfschütteln entkommt, von dem wir selbstverständlich wissen müssen, dass es nicht so gemeint ist. Unsere „Neinneinneins“ sind schon so gemeint, und auch das ist dir wiederum irgendwie bewusst. Das ist auch gut daran zu erkennen, dass du verbotene Handlungen, wie etwa Mamas Kette zu zerreißen, währenddessen selber mit einem deutlich vernehmbaren „Lass das!“ oder „Finger weg!“ kommentierst.

Diese beiden Sätze eignen sich auch hervorragend, um auf dem Spielplatz zwei Kopf größeren Kindern zu zeigen, wer hier der Chef ist. Du hast aber schon gelernt, dass es nicht immer funktioniert. Dann schwenkst du gerne auf die „Eiei“-Schiene um, aber auch mit deinen plötzlichen Zuneigungskundgebungen sind nicht alle gleich einverstanden.

Noch tust du dir da mit deinen großen Verwandten und Freunden leichter. Einer der Jahreshöhepunkte war es, wie du zu Weihnachten den Christbaum bewusst wahrgenommen hast. Am 24. waren deine freudigen Äußerungen ja irgendwie zu erwarten, mit den ganzen Wunderkerzen und Geschenkebergen und ganz viel Besuch rundherum. Richtig süß war aber deine Begeisterung am nächsten Morgen, du hast uns mindestens zehnmal „Christbaum-noch-da!“ mitgeteilt, etwas, womit du anscheinend eher nicht gerechnet hast.

Fix eingeplant ist jede Woche ein anderes Highlight: der montäglichen Besuch deiner allergrößten Freundin. Wird ihr Name zu früh erwähnt, lässt du dich aus Vorzimmer oder Stiegenhaus gar nicht mehr weg bewegen, du setzt dich dorthin und wartest sehnsüchtig, bis sie endlich da ist.

So viele erste Male gab es in diesem Jahr, das erste Mal Meer, das erste Mal Schnee, das erste Mal Tagesmutter, das erste Mal Urlaub mit (fast) Gleichaltrigen. Und ein paar erste Male werden sich schon bald einstellen: das erste Mal Durchschlafen, wär mir nicht unrecht, und das erste Mal „Töpfchengehen“ hätten wir zumindest gerätetechnisch schon vorgesehen.

Besonders nett finde ich, dass seit ein paar Wochen (Monaten?) NIEMAND die Wohnung verlassen darf, ohne dir ein Bussi gegeben zu haben. Irgendwie macht es das ein bisschen leichter, jeden Tag hinaus zu gehen.
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Samstag, 8. Oktober 2011

nicht oben ohne

es hat gar nichts mit dem wintereinbruch zu tun, ALLE männer unseres haushalts laufen zurzeit in unserer durchaus nicht bitterkalten wohnung mit haube herum.

ob sie es glauben oder nicht, bei den zwei älteren ist es eine frage der eitelkeit: der eine will unbedingt KEINE locken haben, der andere findet es schicker, wenn sein bürstenschnitt nach hinten statt in alle richtungen zeigt.

und so ist es kein wunder, dass der kleinste seinen großen vorbildern wie immer eifrig nacheifert:

muetze
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Montag, 13. Juni 2011

ganz pragmatisch ...

ich kannte einmal einen, der ähnelte meiner mutter zu sehr. auch er leitete jede seiner aufforderungen an mich mit "möchtest du nicht ..." ein. und dann kam ein äußerst sinnvoller vorschlag zur wohnungsreinigung, abendessensvorbereitung, einkaufsgestaltung, renovierung, usw. usf. das wort "nein" ist durchaus in meinem erwachsenenwortschatz vorhanden. es hätte fast immer gepasst. ich sagte es zu selten.

seither tue ich das zumindest meiner mutter gegenüber sehr bewusst. sie kommt auch durchaus darüber hinweg. obwohl ihr eine gewisse hartnäckigkeit nicht abzusprechen ist. die tarnt sie dann als vergesslichkeit.
*
darüber hinaus tat er mir dieser eine auch unheimlich viele unverlangte gefälligkeiten. meinen balkon neu ausmalen. meine stromleitungen falsch verlegen. mich überall hinbringen und abholen. meine vergangenheit mit mir bewältigen. ich glaube nicht, dass ich mich bei ihm für irgendetwas davon bedanken möchte.

meiner mutter erkläre ich lang und ausführlich, dass "gut gemeint" das gegenteil von gut ist. diese binsenweisheit wiederhole ich auch recht häufig. genau wie, dass ich mich, konsequenterweise auch nicht bedanken kann.
*
"und was hat dir das gebracht?" fragte mich mein größter irrtum einmal nach einem meiner damals seltenen besuche bei meiner ältesten, treuesten und besten freundin. das war einer der letzten sätze, die ich mir noch anhörte.

meine mutter weiß mittlerweile, dass mich ihre seltsamen verurteilungen nicht interessieren. aber sie "sagt ja eh nix". manchmal recht wortreich.
sollte ich die geduld verlieren, wechsle ich das thema. irgendwas tut ihr eh immer weh.
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Montag, 31. Januar 2011

lieber xaver! (1)

nun bist du also ein jahr bei uns und hast uns schon eine menge beigebracht! zb. dass dir wirklich alles schmeckt, was wir dir vorsetzen und noch mehr das, was wir dir eigentlich noch nicht vorsetzen wollten. dass du dich in jeder art von wasser, von eiskalt bis kuschelig badewannenwarm, ausgesprochen wohlfühlst. oder dass du keine wintersachen angezogen bekommen magst, obwohl du danach ausgesprochen gerne draußen bist. dass du wohl ein ein kleiner löwenzahn bist, und ziemlich sicher keine orchidee.

ab und zu zeigst du uns deine zuneigung durch verdrehen unserer nasen oder unerwartet kräftige bisse mit deinen sechs zähnen, außerdem kannst du schon sehr gut winken und den kopf schütteln. du betörst alle in der straßenbahn, lächelst sie solange an, bis sie endlich reagieren. du wickelst sogar deine großmutter mütterlicherseits um den finger, auch wenn die sich das vorher partout nicht vorstellen konnte.

unseren schlafrhythmus hast du neu definiert, du bestehst energisch darauf, dass einer deiner elternteile (ok, mittlerweile fast ausschließlich dein vater) nachts um halbelf, halbdrei und halbsechs an dein bett eilt, während du uns zwischen 10 und 11 am vormittag garantiert nicht vermisst. darüber hinaus legst du immer noch wert auf eine art rollenden schlaf am nachmittag, anscheinend je kälter je länger.

alexuxaver

am meisten hängst du an den lippen deines großen bruders, und ich habe schon lang den verdacht, dass du nur mehr vortäuscht, kein wort zu verstehen. wie es zur restfamilie trefflich passt, kann dich jeder mit headbangen ganz besonders erfreuen, und deine art auf unser klavier einzudreschen, darf als vielversprechend eingeordnet werden.

dein vater und ich sind leider im letzten jahr draufgekommen, dass wir sehr unterschiedliche auffassungen haben. ich zum beispiel würde dir am liebsten prinzipiell ein halstuch umbinden, dein vater will dich bei minus fünf grad nicht einmal mit fäustlingen quälen. babysprache zu verwenden würde mir wiederum nie in den sinn kommen, zeitweilig werde aber sogar ich in diesem neuen idiom angeredet. dein vater spielt seine ausdauer beim herumtragen aus, ich hingegen zeige dir dasselbe bilderbuch auch zum fünften mal in einer viertelstunde. insofern hoffe ich, dass wir unsere defizite doch ein wenig ausgeglichen haben. aber es war durchaus gewöhnungsbedürftig, von einer "hobbybeziehung" auf familie umzusteigen.

und ab morgen wird ja wieder vieles anders. ein bisschen loslassen werde ich müssen, was mich nicht freut und auf deinen vater werd ich mich noch mehr verlassen müssen, was mich schon freut. trotzdem will ich alles so gut wie möglich mitkriegen. wenn du dein erstes wort außer mamamamama sagst. wenn du deine ersten schritte alleine machst. wenn ..., ach kind, ich lass mich einfach überraschen ...
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hier fehlt was;-)

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