Sonntag, 21. Oktober 2007

nicht nur für mme larousse!

sehr geehrte mme larousse,
vor etlichen jahren hatte ich noch kein blog, dafür schrieb ich für ein deutsches satiremagazin die folgende lobeshymne:

Ich habe eine neue Lieblingsstadt! Und ein neues Lieblingsland! Praktischerweise heißen sie beide gleich, irgendwie luxuriös. Bei meinem ersten Anflug wunderte ich mich noch ein bisschen, wieso alle Sicherheitsanweisungen zweimal durchgesagt wurden. Erst die Lektüre des Nationalblättchens klärte mich auf. Die sprechen dort gar nicht Deutsch! Es klingt nur so. Außerdem wusste ich danach vom positiven Rechnungsabschluss des Wandervereins, der Freizeitgestaltung des Ministrantenclubs, der mangelnden Schulbildung der Kinder – insbesondere der Vernachlässigung der Rechtschreibung der Landessprache – es gibt ja nicht einmal ein Wörterbuch(!) - und etlichen Todesfällen und Geburtstagen zu berichten. Die französischen Artikel wären vielleicht internationaler gehalten gewesen, und Herr Habsburg schreibt eindeutig hochdeutsch.
Dreimal war ich nun schon dort, eines habe ich noch immer nicht durchschaut:
die Sitzordnung!
Beim ersten Mal wunderte ich mich noch über die diesbezüglichen Erklärungen. Sie sei alphabetisch. Sagte zumindest der Dolmetscher. Es gibt dort sechs lange Reihen, und damit alle durch andauerndes Kopfdrehen wach bleiben, sind die gegenüber angeordnet, die Vorsitzenden sitzen am einen Ende quer und die Präsentationstafel ist am anderen Ende quer.
Die jeweils Vortragenden verstecken sich im Rücken der einen Hälfte der Delegierten vor der anderen Hälfte.
Bei sechs Reihen fängt das Alphabet logischerweise sechsmal an. Also bei B wie Belgien, F wie France, N wie Neederlande und L wie Luxembourg zum Beispiel. Gleich vor dem „Ehrentisch“. Das „Oesterreich“-Taferl fand ich gleich neben Norwegen irgendwo in der entfernteren Mitte der zweiten Reihe. Neben mir war es dann leer. Hinter mir durfte die Türkei sitzen. Das muss man denen schon irgendwie zeigen, dass sie nicht dazugehören!
Und da die Sitzordnung nie Zufall ist, hätte ich bei freier Platzwahl zumindest Türnähe bevorzugt. Was natürlich tief auf meine Fluchtgedanken schließen lässt. Manchmal muss ich aber auch nur früher weg.
Beim zweiten Mal bin ich optisch aufgerückt – da waren wir weniger. Spontan freundete ich mich mit der Portugiesin an.
Und gestern – alle Beitrittsländer zwischendrin! Polska durfte neben mir sitzen, die Plätze waren wiederum ganz zufällig nur bis zu dieser Dame besetzt. Schweden und Soumini (oder so ähnlich) sind eindeutig länger dabei!
Ansonsten ist es immer gleich mühsam. Da ich meine Brille grundsätzlich nur beim Autofahren und Tennisspielen aufsetze, muss ich den halben Tag Kopfhörer tragen, um wenigstens irgendwas mitzubekommen. Der Spanier spricht zum Beispiel immer so laut, dass ich der sprachlichen Dreifachbelastung – ihm, der Dolmetscherin und seinen englischen Folien kaum gewachsen bin. Zum Ausgleich hab ich da einfach bei der folgenden Französin Italienisch eingestellt, und bin ein bisschen eingenickt.
Am lustigsten sind die Wortmeldungen zwischendurch. Das kleine Quäntchen Aufmerksamkeit, das sich da manche holen müssen, bringe ich wirklich gerne auf. Fragen werden grundsätzlich, so ferne sie überhaupt als Fragen erkennbar sind, bilateral beantwortet. Das muss ein Synonym für nie sein. Dem Deutschen wird immer Recht gegeben. Fast jeder bedankt sich als erstes, wofür ist ein wenig unklar.
Und ich bin natürlich schon sehr stolz darauf „Austria“ zu sein.

*
heutzutage seh ich das alles schon viel abgebrühter. bei den sitzungen mach auch ich den mund auf, und lasse mich nie mit "bilateralen antworten" vertrösten.

ich kenne schon eine menge restaurants, die mehr als zwanzig personen fassen, sowie ein paar bars, die auch nach mitternacht offen haben.

meine freundschaft mit der portugiesin hat sich vertieft, aus alphabetischen naheliegenden gründen hat sich unsere runde um die niederländer, die norweger und die slowenen verstärkt.

endgültig versumpern tun letzten endes allerdings immer die finnen und die östereicherin(nen) - ich weiß auch nicht, wieso ...-

die anstrengendste anreise die ich jemals hatte gibt´s hier: ausführlichst beschrieben.

da ich außerdem auch noch sämtliche straßen in der stadt mindestens je einmal abgegangen bin, sämtliche mich interessierenden geschäfte mindestens je einmal betreten habe, war ich sogar schon als alternative im mudam. und dort - vom wiener aktionismus ausgehend - war ich denn doch ein wenig überrascht: ich hab noch nie ein so biederes museum nicht wirklich moderner kunst gesehen. gefallen hat´s mir trotzdem - ist doch schön, wenn man mal kunst zu verstehen meint ....
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larousse - 4. Nov, 20:57

Madame - ich danke Ihnen, sie haben das äusserst amüsant beschrieben! Versumpern tun die Finnen und die Österreicher, das haben Sie gut beobachtet - und ich...(o;
Und wissen Sie was - ich war noch NICHT im MUDAM, muss das nun aber schleunigst nachholen (o:!!

hier fehlt was;-)

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