Samstag, 28. Juli 2007

muttchen ist doch die beste, oder?!

Ab vierzig fängst du sowie an, wie deine Mutter zu werden, erklärte mir Bekannte M. Dieselbe vertritt allerdings auch die Ansicht, dass man praktisch mit jeder anderen Person zusammenleben könne. Ganz Recht geben konnte ich ihr auch da noch nie, und das obwohl ich mir sicher bin, dass ein Zusammenleben mit mir wesentlich einfacher sein müsste ist als eines mit ihr. Der H. jedenfalls sagt „ganz wie deine Mutter“ immer dann zu mir, wenn er mich ein wenig ärgern möchte, und der kennt sie und mich deutlich besser.

Nichts kränkt mich tatsächlich mehr, denn meine Mutter ist wirklich die letzte, die mir je als Vorbild gedient hat. Aber vielleicht sollte ich mit meiner Großmutter anfangen – die das ganze Gegenteil war: eine lebenslustige, immer freundliche, verständnisvolle, manchmal ein wenig schlampige, die meiste Zeit sehr glückliche und mir ihrem rassigen Aussehen sehr zufrieden wirkende, ausgeglichene, fantasievolle ... Nur eine schlechte Mutter war sie wohl – und wenn meine Mutter das sagt, dann hat das so zu stimmen! Das Kind (also sie) sei nie an erster Stelle gestanden (da wären die Männer zu nennen), das Kind hätte sich immer im Weg fühlen müssen, und dabei sei es so brav und gut in der Schule und ordentlich und was auch immer gewesen. Ich habe den starken Verdacht, dass meine Mutter beim besten Willen auch nie zu meinen Freundinnen gehören hätte können.

Jetzt bin ich aber ihr Kind, daher - auch sie ist das große Los, das ich gezogen habe, und ich gebe mir Mühe, sie deshalb zu mögen. Leicht hat sie mir das noch nie gemacht! An guten Tagen reagiere ich auf sie mit Humor – an schlechten Tagen mit echter Wut.

Meine Mutter weiß alles besser, und sie schreckt niemals davor zurück, meinen Vater, meine Schwester und mich davon auch zu informieren. Wenn ich sage alles, dann meine ich alles – unter den Fragen hinsichtlich Geschmack, Einrichtung, Haushalt, (Ex)schwiegersöhne, Lebenspartner, Geliebte, KollegInnen, FreundInnen bis hin zur Kindererziehung bzw. Angehörigenpflege und der jeweils anderen Tochter gibt es pro Vierteljahr favorisierte, stets mehrhundertfach zu wiederholende Einsichten, auf die sonst keiner je gekommen wäre und die sie ziemlich ungefragt und gerne auch ziemlich taktlos vorbringt.

Selbstverständlich sieht sie auch nur und ausschließlich schlechte Dinge. Hier meine Lieblingsanekdote zum Thema „Feedback“ : In irgendeinem der mir angediehenen Seminare wurde das Thema richtiges Feedback mit dem sogenannten Feedback-burger (damals für mich zum ersten Mal vorgestellt). Wer es nicht kennt: Der/die TrainerIn schreibt ungefähr so was hin:
1 + 1 = 2
2 + 3 = 5
3 + 4 = 5
2 + 4 = 6
1 + 3 = 4
und fragt dann hoffnungsvoll in die Runde, was denn auffällt. Wenn nicht alle schon völlig seminarverseucht sind, kommt natürlich spontan, dass drei und vier ja wohl sieben, also die mittlere Rechnung falsch ... Dann wird das hübsch plakativ am Flipchart durchgestrichen. .Genau dasselbe hätte man ja auch so sagen können: Vier Rechnungen sind richtig – die werden dann oben und unten eingekreiselt – fertig ist der Feedbackburger mit der Einsicht, dass wir halt leider doch zu sehr drauf trainiert sind die Fehler zu sehen ...
Damals war ich noch halb in Karenz und halb in der Arbeit – und weil Seminar natürlich nie halbtätig sind, half mir meine Mutter mit Babysitten. In einem Anfall von Gutmütigkeit oder Selbstschutz hatte ich am Tag vorher aufgeräumt – ich wollte mir die diesbezügliche Einsicht ausnahmsweise einmal sparen. Als ich dann an diesem besagten Tag heimkam, folgten schon der Begrüßung die Worte: „Aber die Blumen im Arbeitszimmer hast du wieder nicht gegossen!“ ..

In einem Anfall völlliger Umnachtung habe ich ein paar Jahre später zugestimmt, dass meine Eltern in eine Wohnung im gleichen Haus, in dem wir nun also beide wohnen, ziehen. Nach dem ersten halben Jahr musste ich ihnen IHR meine Schlüssel wegnehmen, sie war ziemlich beleidigt, aber ich fand das zwingend notwendig, nachdem es ihr anders nicht beizubringen war, dass sie NICHT einfach so in meine Wohnung kommen kann. Mittlerweile haben sie den Schlüssel wieder, ich arbeite daran, dass sie – auch wenn es nur vier Stockwerke mit Lift sind – NICHT einfach anläuten, sondern vorher anrufen. Ich öffne die Türe nackt – (selbstverständlich immer erst extra nachdem ich mich durch den Sucher vergewissert habe, dass nicht etwa Freunde vom A. draußen stehen), ich öffne die Türe gar nicht (natürlich nur wenn ich weiß, dass es nicht der A. sein kann), oder ich lasse sie herein und setze ungerührt jegliche gerade von mir ausgeübte Tätigkeit fort ... Es kann aber vorkommen, dass ich um halb acht in der Früh ein wenig inkonsequent bin, dann stürmt meine Mutter zum Beispiel mit der Ansage „ich lass mich scheiden“ samt viertelstündigem Begründungsmonolog im Stehen herein ...

Und damit komme ich zum nächsten Trauerspiel – was ist das für eine Ehe, die meine Eltern führen? Sie streiten jeden Tag mehrmals, gehen einander entsetzlich auf die Nerven, haben einen Umgangston miteinander, der auch im Normalfall von mir nur als tiefste Unfreundlichkeit ausgelegt wird (was sie aber gar nicht merken) – und im Streitfall dann in immer dieselben Verbalinjurien ... Was soll man sich nach 45 Jahren auch schon Neues an den Kopf werfen? Dafür gibt es bei jedem Mal wo Erdäpfel auf den Tisch kommen den selben Dialog:. Mein Vater fragt „Sind die Erdäpfel gesalzen?“. Meine Mutter antwortet: „Nein.“ Bei manchen Essen war das auch schon die ganze Unterhaltung, und das sind nicht ihre schlechtesten Tage! Man hört die beiden auch äußerst selten etwas Gutes über- oder zueinander sagen, mit einer großen Ausnahme: „Er war euch immer ein guter Vater!“ sagt meine Mutter als Begründung, warum sie sich denn nie scheiden hätte lassen, wenn alles doch so furchtbar ... Und umgekehrt auch! Für meinen Vater war ein Scheidung sowieso nicht einmal auch nur eine Überlegung wert, aber dass meine Mutter uns eine gute Mutter war, davon ist er felsenfest überzeugt, auch wenn das das einzig Positive, das er über sie sagt, ist. Worin denn nun dieses gute Muttersein bestanden hätte, darauf hab ich keine Antwort mehr bekommen.

Im besseren Ordnungssinn vielleicht? Aber meine Mutter räumt das Sodukuspiel für zwei zu den Halloweensachen, das Innere des Küchenzerkleiners aufs Klavier und die neue Maus vom Apple zu den alten Murmeln vom A.! Und falls es jemand bis hierher ausgehalten hat: selbstverständlich hab ich ihr schon sehr oft VERBOTEN ,bei mir irgendwas aufzuräumen, der H. hat ihr extra verboten, seine T-shirts zu bügeln, und der A. überlegt wohl auch schon, was er verbieten könnte, da siegt aber noch die jugendliche Faulheit.

Übrigens mag/mochte ich fast alle Mütter meiner Freunde/Ehemänner recht gerne. Bis auf die erste – die ist aber auch dann später eine Freundin meiner Mutter geworden!
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testsiegerin - 28. Jul, 23:52

ein bisschen erinnert mich deine mutter an meine großmutter. die hat auch im selben haus gewohnt wie wir damals (sie im 4., wir im 10. stock), und sie schlich sich auch immer zur tür herein. um dann mit vorwurfsvollem blick zu sagen. na das hab ich ja nicht wissen können, dass ihr am sonntag um halb acht noch schlaft!

was denn ordnungssinn betrifft, hab ich mich erfolgreich gewehrt, wie meine mutter zu werden. und irgendwann hab ich sie mit den worten begrüßt: wenn ich aufräume, sagst du ja doch nur, dass es hier ausschaut, als hätte eine bombe eingeschlagen. so hast du wenigstens allen grund dazu.
oder ich hab gesagt: wenn du lust hast, kannst du gern aufräumen kommen. das hat sie aber dann doch nie getan.
aber im prinzip waren das kleinigkeiten.

tja. und weißt du, jetzt finde ich schade, dass ich mich über gar nix mehr ärgern kann. (jetzt red ich schon wie meine mutter)

humbug - 29. Jul, 08:11

mit dem "mutterproblem" stehst du ja nicht grade allein da. ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten: erwachsene, die mit ihrer (eigenen) mutter gut auskommen, sind ein wenig suspekt. was mag da bloss schlimmes in der kindheit passiert sein bei denen.

Side Affects - 29. Jul, 18:13

mutter-vater

viele menschen ,prozentual die mehreren haben ein mutterproblem. mir ist dieses erspart geblieben.dafür mußte ich einen selbstgerechten vater in kauf nehmen. mutter hielt immer das maul ,wenn er uns 3 kinder auf seine besondere art maßregelte. wahrscheinlich hatte sie ihn vorher in ihrer vornehmen art aufgeklärt, welch entsetzliche bälger wir waren.
wer weiß. manchmal denke ich so.
aber mit meinen geschwistern habe ich ein symbiotisch gutes verhältnis.
ob jetzt die, die mit der mutter KEIN problem haben, etwas ausblenden, das bezweifle ich. es sind etwa 80% die eine mutterübertragung haben und 20% die eine vaterübertragung haben. ich gehöre zur zweiten gruppe.
noch so viele selbsterfahrungen lassen mich nichts an der mutter finden.
alles, was ich finde s.o. ist reine spekulation.
aber meinen schlüssel kriegt weder mutter noch vater.
höchstens schwester und bruder.
die haben auch mein passwort zu meinem blog;)
humbug - 5. Aug, 13:49

dass mehr menschen ein mutterproblem haben liegt in der natur der sache. zumindest in den ersten paar lebensjahren ist nunmal die mutter die prägende bezugsperson und diese sozial-pädagogische katastrophe kann man dann später nur sehr schwer ausbügeln. ;-)
darum hat man jesus ja auch zeitig von maria weggeholt. sonst wär aus dem komischen kauz nie ein anständiger messias geworden. darum hat sich natascha kampusch so gut entwickeln können und darum wurde das alte griechenland ein weltreich.
MadProfessor - 29. Jul, 23:17

das schwierigste Verhältnis

scheint das Mutter-Tochter Verhältnis zu sein. Mütter, die sich in jede Kleinigkeit der Kinder einmischen (überhaupt wenn man von den Müttern abhängig ist) sind der Normalfall.
Ich könnte mir auch nie vorstellen, unter dem selben Dach wie meine Eltern zu wohnen. Krieg wäre vorprogrammiert. So akzeptiere ich Ihre Selbstgerechtigkeit und Besserwisserei als ihre Marotten, die ich nur selten zu ertragen habe ...

la-mamma - 30. Jul, 21:53

ich möchte mich hier

ausdrücklich für eure kommentare bedanken. ich hab den beitrag fast mit einem schlechten gewissen (und das nicht unbedingt nur meiner mutter gegenüber) veröffentlicht und jetzt komm ich mir gar nicht mehr so unnatürlich "lieblos" vor.
@sideaffects: mit meiner schwester hab ich auf jeden fall auch ein sehr inniges verhältnis - als kinder konnten wir gar nicht miteinander und als erwachsene immer gut und meistens eher ganz ausgezeichnet ...
@madprofessor: ich glaub, das hat was mit der konkurrenz beim pater familias zu tun, irgendwann fühlen sich viele mütter da wohl unterlegen, und das kriegen die töchter dann zu spüren.
@testsiegerin: eine dominante großmutter kannte ich auch - die war aber aus der schwiegerfamilie, da stand die ganze kernfamilie zu lebzeiten habtacht. umgekehrt war die aber so biestig und ich so respektlos ihr gegenüber, dass wir ein ausgesprochen gutes einvernehmen fanden.
@humbug: hätt ich deine mama auch ausnehmen sollen?;-)

humbug - 5. Aug, 13:41

ich schwör dir: hättest du sie damals kennen gelernt, du hättest sie ganz von selbst und selbstverständlich ausgenommen. nach ca. 2 minuten dialog, denn du bist ja viel toleranter als ich bezüglich ertragbarkeit von mitmenschen besonderer geistesgüte. wirklich schlimm wird die muttersache mit problemmüttern ja erst, wenn man, so wie wir fast alle hier ja, in einem sandwichalter ist, also auch schon kinder hat, und diese sich dann besonders gut mit der oma verstehen. da kanns dann schon passieren, dass man einen 13jährigen hat, der dj ötzi hört oder die tageszeitung "österreich" liest, weil halt die oma... äham... nur damit jetzt einmal klar ist, warum ich so ein psycherl geworden bin ;-)

aber selbstmord ist natürlich auch keine lösung.
la-mamma - 5. Aug, 19:16

ich hab sie doch kennengelernt

aber es waren nicht viel länger als zwei minuten;-)
humbug - 5. Aug, 20:10

echt? na dann weiß ich ja jetzt, wem ich die schuld dafür geben kann, dass nicht nur deine mutter ein "schlüsselerlebnis" mit dir hatte ;-P
Catissima - 31. Jul, 09:12

interessant!

Ich habe am Wochenende noch die Gedankengänge gehabt, ob man seine Eltern vielleicht doch unterbewußt irgendwo, irgendwann mal als VORBILDER hatte. Ich würde es verneinen - ganz sicher!

Schatzi sagte, ihm war beispielsweise immer bewusst, dass seine Eltern irgendwo Vorbild für ihn sind, er alles dran setzen würde sie nicht enttäuschen zu wollen (klingt nach Müttersöhnchen, oder?).

Meine Tochter findet ihre Mami cool, "Mami, du bist die schönste, coolste und verrückteste Mami der Welt!" Hach, das läßt das Herz natürlich noch höher schlagen. Hmmmm.

Naja, zum Thema. Ich frage mich ob manchen (wir) immer so eine Antipathie zu den Eltern hatten, oder ob es irgendwann wohl mal den Zeitpunkt gab, wo wir so sein wollten wie sie? Igit! Ich kann mich nicht daran erinnern. Du?

Gruß Catissima

hier fehlt was;-)

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