autorität?
ich fang einfach jetzt von hinten an:
heute bin ich eine sogenannte "vorgesetzte" - und hab mich zwar oft, aber sicher noch immer zu wenig damit auseinandergesetzt, was das/die damit verbundene autorität für mich bedeutet:
* jeden so behandeln, wie er behandelt werden möchte, ist nicht immer leicht, aber den versuch wert
* vertrauen darin aufzubringen, dass andere ihren teil ausreichend gut erledigen, ist auch nicht immer leicht, aber überlebensnotwendig geworden
* ich kann und muss kein untadeliges vorbild sein (obwohl das teilweise wirklich so gefordert wird) - wichtig ist nur, dass ich IMMER zugebe, wenn ich es genau nicht bin
* es wäre oft sehr viel bequemer, autoritärer zu agieren.
vorgestern (ok ist 12 jahre her) hab ich ein kind bekommen. ich kenne keine eltern, mit denen man sich nicht stundenlang über das thema *autorität, mangelnde, die... unterhalten kann
* natürlich bin ich nicht konsequent genug. ich frag mich bis heute, wieso es so leicht zu schaffen ist, beim "über-die-straße-gehen" alle autorität der welt walten zu lassen, und sie im supermarkt quasi an der eintrittstür zu verlieren.
* wenn ich je ein erziehungskonzept hatte, dann am ehesten überzeugen statt
* h. sagt immer zu a., er ist das schlechte vorbild, der satz gefällt mir nicht, ich werde das mit ihm diskutieren müssen. ich hänge insgeheim der theorie an, dass vorbildhaftes verhalten quasi zu natürlicher autorität verhilft.
* es wäre oft sehr viel bequemer autoritärer zu agieren.
mittlerweile arbeite ich fast die hälfte meines lebens. und habe dabei sehr unterschiedliche chefs und leider nur einmal eine chefin gehabt.
* auf autoritäres gehabe bei anderen, insbesondere mancher chefs bin ich wirklich allergisch, und lasse die betroffenen meine verachtung ein bisschen zu deutlich spüren.
* aber ich arbeite daran, mehr respekt aufzubringen. ich will auch niemandem "mit meinem hass ehren", und ich bin ehrlich genug, mir einzugestehen, dass ich auch nur eine sehr begrenzte sicht auf die/den anderen habe. tut mir selber einfach besser, auch was gutes über sie/ihn zu denken.
und fast als letztes: natürlich bin ich auch selber erzogen worden.
von einer mutter, die der mode der sechziger (und zwar genau NICHT der achtundsechziger) schwer unterworfen war - drill, genauigkeit, weibchenamherd, usw. usf. mit einer menge schläge, die ich heute sicher nicht als gesund sondern eher als entwürdigend bezeichne, und an die sie sich bezeichnenderweise nicht erinnern kann.
und von einem vater, der selber recht früh vollwaise war, und der der integerste mensch ist, den ich kenne. außerdem eine art privatgelehrter, der uns (das gilt auch für meine schwester) nur mit liebe überhäuft hat. und mit dem ich mich heute so ziemlich über jedes thema und auch über alles persönliche sehr gern unterhalte. den satz hätte ich vor zwanzig jahren nicht sagen können ...
und zu guter letzt: wie sieht es mit autorität in beziehungen aus? darf es die geben? warum waren manche beziehungen unaufhörliche machtkämpfe und waren/sind es andere nicht?
die anderen machen mir jedenfalls mehr spass ...
*
mmhh
Auf persönlicher Ebene: wenn ich je ein erziehungskonzept hatte, dann am ehesten überzeugen statt überreden - na Bitte, das ist schon mehr, als was die meisten von uns haben. Ich gestehe - ich versuche es bei den Kindern allzuoft mit der Brechstange. Natürlich auch aus Inkonsequenz. Wurde zuvor vieles "gutgeheissen" (oder wurde der "gewisse" Punkt überschritten), dann muss später schon sehr "bestimmt" darauf hingewiesen werden, dass jetzt Schluss sei.
Zum Konzept antiautortäre Erziehung: ist das andere Extrem von dem wir und die Generationen davor zu leiden hatten (800 Jahre Habsburger-Katholiszismus steckt praktisch in unseren Genen - brrr).
Ich glaube Kinder sind schon dankbar, wenn es eine "Ordnungsmacht" gibt, die den Weg vorgibt.
Im Grossen und Ganzen - aber selbst da gibt es nicht unbedingt ein allgemeingültiges Konzept. Was für ein Kind gut ist, muss für ein anderes nicht gelten. Gilt auch z.B. für die Montessori - und Waldorfpädagogik.
Im allgemeinen: die meisten von uns reagieren bei bestimmten Autoritätsfiguren gleich. Nichts ist lächerlicher, als eine Person, die sich auf eine Autorität "ohne Basis" beruft. Nichts ruft mehr eine Rebellion hervor als ein starres Autoritätskonstrukt. Dazu wurden bestimmte "Ventile" entwickelt und zugelassen. Dazu gehören der Karneval, der Kasperl, die Comedia dell Arte und der Supersheriff von den Dradiwaberl.
Zum Arbeitsstil: Ich weiss nicht, ob das ein gutes Konzept ist - mein Vorgesetzter beruft vor wichtigen Entscheidungen eine Sitzung ein, fragt in die Runde um Meinungen und entscheidet dann meistens (wenn nicht gewichtige Argumente fallen) nach einer schon im Voraus gebildeten Meinung ;-).
Thema Autorität in Beziehungen:
Egal ob in Zweier- oder grösseren Beziehungen (z.B. ein Bandgefüge oder in Grossfamilien) - vielleicht stammt der Mensch nicht vom Affen sondern vom Wolf ab ? Wobei die Hackordnung sogar innerhalb der Geschlechter unterschiedlich abläuft.
Interessanterweise gibt bei Grossfamilien oft die Grossmutter das Kommando. In klassischen Kleinfamilien gibt innerhalb der Familie die Frau ebenso das Kommando, ausserhalb dessen repräsentiert der Mann die Familie (also bei einem orientalischen System).
Oft gibt es den Wunsch, dass diese alten Strukturen wieder gelten sollten, damit überhaupt irgendwelche Strukturen da sind (damit Machtkämpfen vermieden werden können).
In der Kriegsgeneration wie auch z.B. bei meinen Schwiegereltern fügt sich der Mann der Frau, obwohl sie eigentlich ziemlich von Ihm abhängig ist (vielleicht eine kluge psychologische Entscheidung ?).
In unserer Generation ist es wesentlich schwieriger: schliesslich soll ja ein wesentlich demokratischeres Konzept als Basis dienen, die Frau hat zumeist ein eigenes Einkommen - kurz und gut, es gibt zwei gleich starke Partner.
Das kann dazu führen (kenn ich aus Schilderungen), dass ein Paar beim Einkauf von Möbeln Monate braucht, da alle Gedanken abgewogen werden, alles durchargumentiert wird und dann wieder alles verworfen wird. Also so ähnlich wie bei endlosen Plenumsdiskussionen in den 70-er WG`s.
Auch in meiner Beziehung gibt es unaufhörliche Machtkämpfe. Bis jetzt haben wir es nicht geschafft, eine Struktur zu bilden bzw. Einflussbereiche festzulegen, was zu wem gehört. Oft kommt es da zu Verletzungen eines "unausgesprochenen Einflussbereichs", was dann wieder zu Konflikten führt.
Klassisch wäre: die Technik gehört dem Mann, die Wohnungsausstattung zur Frau - verdammt - funktioniert auch nicht bei uns. Wir mischen uns einfach überall ein ...
ad beziehungen:
und die endlosdiskussionen, die hab ich auch einmal kennengelernt - in meiner katastrophalsten beziehung überhaupt. dass das heute schon das zweite mal, dass ich mich an die erinnere, gibt mir jetzt schon irgendwie zu denken;-)
im verkehr gibts regeln, ohne diese hätten wir chaos auf den strassen. diese art von struktur und regeln finde ich hilfreich und ebenso die autorität der polizei über ihre einhaltung.
was ich nicht mag sind die machtspielchen unter menschen, das ist die falsche autorität, eine autorität die auf angst aufbaut und gewalt darf nicht einfach hingenommen werden.
und meine tochter hat wütend zurückgebrüllt: ich bin nicht schlecht erzogen, ich bin gar nicht erzogen!
heute ist sie vierzehn und wie man an vielen meiner einträge merken kann, einfach voll gut drauf. liebenswert, sozial, witzig, selbstbewusst, sie selbst.
als leiterin eines teams halte ich mich selbst für überhaupt nicht autoritär, meine mitarbeiterInnen haben mir jedoch vermittelt, dass ich schon sehr konsequent sein kann, wenns drauf ankommt. und ich hatte nicht den eindruck, dass es sie stört.
ich weiß bis heute nicht, ob ich autoritär bin oder nicht. ich denke, das wesentliche ist authentisch zu sein. was ich hasse, sind angemaßte autoritäten, vor natürlichen habe ich jedoch einfach respekt.
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