Sonntag, 14. März 2010

anwar

mein beitrag zur integrationsdebatte, teil 3
anwar wurde als zehntes von zehn kindern in syrien geboren. er sei seinen eltern ausgesprochen dankbar, erzählte er uns bei einem ausgezeichneten wein und der wasserpfeife am späteren abend in seinem kleinen zimmer im studentenheim - seine eltern hätten es nämlich irgendwie geschafft, ihn als einziges ihrer kinder so lang wie möglich zur schule gehen zu lassen und seinen ersten universitätsabschluss hätte er auch schon in syrien gemacht.

in münchen hätte er dann das ganze technikstudium wiederholt, das sehe er natürlich ein, die inhalte seien einfach zu verschieden. in dresden sei er jetzt auch schon ein paar jahre, er forsche an irgendwas mit muttermilch* und habilitiere sich gerade darüber. leider in der medizin, da könne man das aber in deutschland nur, wenn man vorher auch medizin studiert hätte, das sehe er natürlich ein und das hätte er vor kurzem schnell erledigt.

wir lernten anwar kennen, als wir eine woche durch deutschland gondeln mussten. (aber das ist eine ganz andere geschichte). das ganze land im eurofieber - wir bekamen ein ausgezeichnetes syrisches abendessen und wurden gebeten uns doch bitte mit ihm das match (deutschland spielte an dem tag) mit ihm anzusehen. als unser aller gastgeberland verlor, war anwars trauer zwar nicht grenzenlos, aber deutlich merkbar.

nein, er sei kein moslem mehr, erklärte er uns - er verabscheue alle religionen zutiefst. bei ihm hätte das aber - abgesehen vom generellen unbehagen - noch einen sehr speziellen grund. er habe uns die sehenswürdigkeiten von dresden ja schon in seiner ausführlichen, liebevoll erstellten mappe gezeigt - die sei aber gar nicht von ihm angefangen worden, sondern von seiner deutschen ex-freundin, einer architektin. um die es ihm so unendlich leid täte, er habe sie vor über einem jahr verloren.

kennen gelernt hätte er sie als studentin, ihre eltern hätten ihn quasi schon als schwiegersohn behandelt, und sie seien sehr glücklich miteinander gewesen. es sei schwer für junge architektinnen einen job zu finden, sie hätte lange gesucht. bis sie ein angebot in frankfurt bekommen hätte - eines, das sie zunächst keinesfalls annehmen wollte. denn die auftraggeber wären zeugen jehovas gewesen. sie hätten lange drüber diskutiert, sie hätte sich über diese sekte noch richtig lustig gemacht - und irgendwann beschlossen, dass sie sich die ablehnung eigentlich nicht leisten konnte. also eine fernbeziehung - sie würden das schon schaffen. und sie würde ja wohl kaum als architektin den seltsamen glauben ihrer auftraggeber übernehmen müssen, blödelte sie noch.

monate später seien die telefonate schon sehr kurz ausgefallen, die wiedersehen seien sehr spärlich gewesen und irgendwann hätte sie ihm gestanden, dass sie sich einerseits in ein mitglied der zeugen jehovas verliebt hätte und andererseits nun auch ihr leben radikal im sinne dieser gemeinschaft ändern wolle. ab und zu sei er wenigstens noch bei ihren eltern eingeladen.




* die erklärung war natürlich viel exakter und ausführlicher, aber ich hab sie damals schon nicht genau verstanden und mittlerweile gründlich vergessen.
2020 mal angeklickt. oder gar gelesen?

hier fehlt was;-)

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